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Die Ausstellung "I Do Not Feel
Free to Do What I Want" geht von der bilateralen Kooperation
zweier Kunstintitutionen aus, zum einen die Municipal Gallery Kharkiv,
Ukraine, zum anderen < rotor > Zentrum für zeitgenössische
Kunst, Graz, Österreich. Die längerfristige Zusammenarbeit besteht
aus dem Austausch von Künstler*innen und Kurator*innen und einer
finalen gemeinsamen Ausstellung. So konnten im Sommer 2019 die aus Charkiw
stammenden Künstlerinnen Olga Fedorova und Anna Manankina eine Residency
in Graz, sowie die in Graz lebende Künstlerin Helene Tümmel
im Oktober 2019 einen Monat in Charkiw verbringen. Am 22. Oktober wird
die gemeinsam konzipierte Ausstellung in der Municipal Gallery Kharkiv
eröffnet. Gezeigt werden die Werke der jeweils sieben beteiligten
ukrainischen und österreichischen Künstler*innen.
Inhaltlich befasst sich die Ausstellung mit dem Begriff der Individuellen
Freiheit. "Die Freiheit besteht darin, alles tun zu dürfen,
was einem anderen nicht schadet" – so lautet eine gängige
Definition der Grenzen der persönlichen Freiheit, die in dieser Formulierung
in der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte der
französischen Nationalversammlung von 1789 zu finden ist. In der
Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 findet
sich diese grundlegende und zugleich weitreichende Formulierung jedoch
nicht mehr. In diesem Dokument, das von nahezu allen Nationalstaaten der
Erde unterzeichnet und von einigen in Verfassungsrang gehoben worden ist,
werden die individuellen Freiheiten bloß in einigen Teilbereichen
beschrieben, etwa in Bezug auf das schützenswerte Privatleben und
die hoch zu haltende Bewegungsfreiheit. Aber schon diese beiden Bereiche
machen deutlich, dass es vielerorts um die individuelle Freiheit nicht
allzu gut bestellt ist, in Zeiten der totalen Überwachung des öffentlichen
Raums und der Kommunikationsmittel, der Zahlungsflüsse, der Krankenakten.
Zur Illusion wird die Sache mit der individuellen Freiheit im Kontext
der neoliberalen Wirtschaftsordnung. Unter dem Diktat des "freien
Marktes" wird zwar die Individualität und persönliche Freiheit
der Gewinner dieses Systems scheinbar hoch gehalten, doch der Rahmen der
Auswahlmöglichkeiten ist auch für sie eng gesteckt. Der Einzelne
kann sich verwirklichen, aber nur dann wenn er oder sie innerhalb der
Profitmaximierung funktioniert. Von den viel zahlreicheren Verlierern
dieses Systems gar nicht erst zu sprechen.
Ungeachtet der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gibt
es einen grundlegenden Faktor, der eine Vielzahl an Interpretationen und
Auslegungen von individueller Freiheit ermöglicht. Dieser Faktor
ist der Mensch selbst: Der Kern der Freiheit ist – neben den oben
erwähnten Parametern und sicherlich noch weiteren – eine Entscheidung,
die direkt mit dem intellektuellen und emotionalen Bewusstseinszustand
einer Person verbunden ist.
Gesellschaft und ihre politische, soziale und wirtschaftliche Verfassung
ist das Grundgerüst der individuellen Freiheit. Sollte absolute Freiheit
existieren, wie kann sich diese ein Mensch jedoch vorstellen? Wäre
es dieselbe Freiheit, an die Du und Ich gewöhnt sind zu glauben?
Ein Kooperationsprojekt von Municipal Gallery Kharkiv und
< rotor > Zentrum für zeitgenössische Kunst, Graz.
Das Projekt wird unterstützt vom Bundeskanzleramt
der Republik Österreich, Sektion II: Kunst und Kultur. Wir danken dem
Österreichischen Kulturforum Kiew für die Unterstützung beim
Transport.

Die Aufenthalte von Olga Fedorova und Anna
Manankina in Graz wurden vom Cultural City Network Graz bzw. vom Ukrainian
Institute, Kiew unterstützt.
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