Abb.: Skart, Aus der Serie
gestickter Tücher "10 with Onions"

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„Dort in der Ferne
hat mich jemand gerne“

Bilder dieser Ausstellung

Esra Ersen (Istanbul), Gülsün Karamustafa (Istanbul), Martin Krenn (Wien), Kristina Leko (Berlin / Zagreb), Adrian Paci (Mailand), Judith Siegmund (Berlin), Skart (Belgrad), Social Impact (Linz)


Galerie für Zeitgenössische Kunst
Karl-Tauchnitz-Straße 11
D-04107 Leipzig
www.gfzk.de

Eröffnung: Donnerstag, 1. Juli 2004, 19.00 Uhr
Ausstellungsdauer: 2.7. - 29.8.2004


Migration und damit in Verbindung stehende Transformationen sind nicht nur in den Schengen-Ländern Dauerthemen, sondern auch außerhalb der EU und an den Grenzen Europas. Diese Tatsache ist im westlichen Teil Europas nicht bewusst, vielmehr wird der Eindruck vermittelt, dass ein Teil der Welt einzig auf dem Weg nach EU-Europa ist und hier Lebensraum beansprucht, was nicht friktionsfrei vor sich geht. Migration umfasst jedoch eine Bandbreite von Aspekten und lässt sich nicht mit einem Klischee darstellen. Europäische Städte und Länder außerhalb der Schengengrenze, die aus EU-Sicht gerne als „Sichere Drittländer“ bezeichnet werden, sehen sich ebenso mit verschiedenen Fragestellungen im Zuge von Migration konfrontiert.

Die Ausstellung präsentiert acht künstlerische Analysen und Projekte zu Aspekten von Migration im Europa jenseits der EU bzw. jenseits der Schengengrenze.

Esra Ersen hat die Lebensumstände schwarzer MigrantInnen, die sich illegal in Istanbul aufhalten zum Gegenstand des Videos Brothers and Sisters gemacht. Über sechs Monate hinweg hat sie ein Vertrauensverhältnis zu Menschen aufgebaut, über deren Verbleib in der türkischen Öffentlichkeit sehr wenig bekannt ist. Aus den Statements der verschiedenen Persönlichkeiten wird deutlich, wie sie versuchen mit den Eigenheiten eines Landes umzugehen, das eigentlich nur Transitland auf dem Weg nach Europa sein sollte.

Gülsün Karamustafa portraitiert eine Gruppe musizierender Kinder vor einer Stiege im Stadtraum Istanbul. Es handelt sich um rumänische Kinder, die versuchen sich in Istanbul als Musikanten durch’s Leben zu schlagen. Staircase, so der Titel des Videos, erzeugt ein melancholisches Stimmungsbild von der Lebenslage der Kinder.

Martin Krenn arbeitet an dem längerfristigen künstlerischen Forschungsprojekt City Views. Er befragt MigrantInnen in den unterschiedlichsten europäischen Städten und zeichnet so kontinuierlich an einer imaginären Karte migrantischer Befindlichkeit. In der Regel unterhält er sich mit Personen, die sich einige Zeit im Land befinden und sich im Laufe ihres Aufenthaltes mit bestimmten Räumen angefreundet haben. Gemeinsam mit den MigrantInnen werden Motive dieser Orte festgelegt und fotografiert, auf Basis geführter Gespräche werden Statements zu den einzelnen Fotografien ebenfalls gemeinsam entwickelt.

Kristina Leko hat in dem Videoprojekt Sarajevo International zwölf Menschen zu Wort kommen lassen, die aus unterschiedlichen Ländern und ganz verschiedenen Gründen - beruflichen, privaten, ökonomischen oder weltanschaulichen - nach Sarajevo gezogen sind.
Es sind 12 kurze Filme entstanden (immer 2 sind an einer Station zu sehen), deren Themen und in den meisten Fällen auch die formale Umsetzung in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Personen festgelegt wurden.
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Adrian Paci thematisiert in der Fotoserie Back Home die Lücken, die durch Emigration enstehen, im konkreten Fall in Albanien. Er hat mit albanischen MigrantInnen in Italien Kontakt aufgenommen, anschließend deren Wohnräume in Albanien besucht und als Kulissen gemalt, vor denen er wiederum die ehemaligen BewohnerInnen in der neuen Heimat postieren ließ. Das Zurückgelassene, das einen immer wieder einholt spielt hier ebenso eine Rolle, wie das Bestreben, die Zurückgebliebenen mit Informationen über die Entwicklung der neuen Existenz zu informieren bzw. zu täuschen.

Judith Siegmund hat drei Frauen aus Weißrussland, Litauen und Lettland interviewt, die an der deutsch-polnischen Grenze als Prostituierte arbeiten. Sie berichten in ihren Muttersprachen über Fremde Freier, so auch der Titel der Arbeit - diese Freier sind in der Regel deutsche Männer. Damit wird der Versuch deutlich, die Frauen selbst ihre spezifische migrantische Position beschreiben zu lassen, aber immer in Relation zum Mittelpunkt des Geschäftsinteresses, zu den Kunden.

Die Gruppe Skart arbeitete mit Frauen in Belgrad und verschiedenen anderen europäischen Orten an dem Projekt 10 with Onions. In Workshops, als Handarbeitszirkel angelegt mit Dorfkollektiven, allein erziehenden Müttern und MigrantInnen, wurden die Frauen dazu angeregt, persönliche Eindrücke und Erfahrungen aus dem alltäglichen Leben in formal traditionellen Sticktüchern umzusetzen.

Social Impact hat die Videoinstallation paprenjak_prison erstellt, die ein Flüchtlingslager in der Nähe der kroatischen Hauptstadt Zagreb zum Inhalt hat. Die Arbeit versucht auf emotionaler Ebene einen Eindruck zu vermitteln, von den trostlosen Zuständen in dem Anhaltelager und den persönlichen Hintergründen einiger Inhaftierten. Der Blick auf den „Zagreb to Belgrade Fraternity and Unity Highway“ wird zum beherrschenden „Freizeitprogramm“ und gleichzeitig zum Symbol jener Bewegungsfreiheit, die den Flüchtlingen verweigert wird.

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